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BamS klaut und kämpft für Franz gegen die FIFA-Russenmafia

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Deutschlands Fußball-Ikone Franz Beckenbauer wurde am Freitag von der so genannten Ethikkommission des Weltverbandes FIFA aus guten Gründen für 90 Tage suspendiert. Also mussten seine Geschäftspartner von Axel Springer, von Bild und Bild am Sonntag, handeln und ihrem Franz assistieren. So wie sie ihn seit Jahrzehnten stützen, gerade erst wieder nach den Berichten in der Sunday Times und im SPIEGEL über Beckenbauers Kontakte nach Katar.

Bild kämpft für Franz.

Heraus kam eine spannende Geschichte. Eine Titelgeschichte.

„Der FIFA-Boss und die Russen-Mafia“.

Das Werk von fünf Autoren. Und ein sechster Autor kommentierte.

bamscover

In der Online-Ausgabe erhielt die Enthüllungsgeschichte das Label Bild+ der zahlungspflichtigen Inhalte.

Denn Journalismus muss bezahlt werden.

Und derlei hochklassige Recherchen eines offenbar auf knallharte Investigationen spezialisierten Teams kosten etwas.

„Ein brisantes Foto liegt in den Akten deutscher Sicherheitsbehörden“, heißt es da.

Und: „BILD beweist Blatters Kontakte zu weltweit gesuchtem Kriminellen“. Es geht um ein Treffen von FIFA-Präsident Joseph Blatter im Januar 2005 im China Club in Moskau mit Alimsan Tochtachunow, einem seit 2002 weltbekannten Mafiosi.

Wow!

bams

Focus Online klaute natürlich gleich wieder die Exklusivmeldung der Bild-Gruppe: „In zwielichtiger Gesellschaft abgelichtet. Mafioso-Foto bringt neue Probleme für Fifa-Boss Sepp Blatter“.

Allerdings:

Auch die BamS-Story war geklaut.

Sieht man von einigen falschen Details und aufgeblasenen Formulierungen („heißt es aus deutschen Sicherheitskreisen„) ab, die wohl eher nicht stimmen, dann hat BamS im Grunde nur abgeschrieben und in pubertäre Zusammenhänge gebracht, was im Herbst 2008 in diesem Blog „exklusiv“ vermeldet wurde …

… was ich damals u.a. für die Berliner Zeitung („Wodka und Kalaschnikows“) und die Frankfurter Rundschau („Der lange Arm der Syndikate“) und später in erweitertem Zusammenhang (Whistleblower Waleri Morosow: “Es wird Blut fließen”) hier aufgeschrieben habe. Nur korrekter als BamS. Mit Quellenangaben. Natürlich mit einem Originaldokument. Und mit ein wenig Recherche.

Anders als BamS habe ich selbstverständlich auch den wunderbaren Film „Schattenreich russische Mafia“ von Alexander Gentelev sauber zitiert und empfohlen, in dem Alimsan Tochtachunow, den Blatter und UEFA-Boss Michel Platini (das verschweigt BamS aber) einst in Moskau trafen, eine Hauptrolle spielt.

Beim verzweifelten Versuch der BamS, ihren Geschäftspartner Beckenbauer in schweren Zeiten zu stützen, fällt außerdem auf: In der „Enthüllungsgeschichte“, in der geklaut und reichlich dumm versucht wird, Blatter mit der Russenmafia in Verbindung zu bringen (das lässt sich viel besser und wahrhaftiger tun), fehlt ein klitzekleiner Fakt. BamS-Partner Franz Beckenbauer ist seit Mai 2012 Botschafter des von Gazprom geführten Verbandes russischer Gasproduzenten. Über die Höhe der Zuwendungen an Beckenbauers Management ist nichts bekannt, aber die Gazprom-Truppe lässt sich gewöhnlich nicht lumpen.

Über die ebenfalls interessante Frage, wie ein solcher Content-Klau der BamS sich mit dem von Springer forcierten Leistungsschutzrecht verträgt, mögen andere urteilen.

* * *

Und nun zum Bildungsprogramm. Kurzes Q & A zu Beckenbauers Suspendierung durch die FIFA-Ethikkkommission:

Warum hat die Ethikkommission der FIFA Franz Beckenbauer für 90 Tage suspendiert?

Weil Franz Beckenbauer nicht mit Michael Garcia kooperiert hat, dem Chefermittler der Ethikkommission, der Korruption bei der Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaften 2018 und 2022 an Russland und Katar aufklären soll. Am tatsächlichen Aufklärungswillen von Garcia, dessen Arbeit sich die FIFA Millionen kosten lässt, gibt es berechtigte Zweifel. Daran aber, dass Beckenbauer mit Garcia nicht kooperierte, bestehen keine Zweifel. Er hat es selbst bestätigt. FIFA-Vizepräsident Jim Boyce aus England, der als Funktionär einen tadellosen Leumund hat, forderte deshalb vergangene Woche, all jene zu bestrafen, die nicht kooperieren. Einige schwer umstrittene Figuren aus der FIFA-Führung wie Julio Grondona aus Argentinien haben sich, wenngleich unter Druck, den Fragen von Garcia gestellt. Beckenbauer verweigerte sich.

Warum hat Beckenbauer seine Meinung geändert?

Am Freitag verkündete die Ethikkommission die Suspendierung und die Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens gegen Beckenbauer, für das Vanessa Allard aus Trinidad und Tobago verantwortlich ist. Beckenbauer sprach im TV-Sender Sky, von dem er fürstliche Honorare erhält, von einem Aprilscherz. Tags darauf präzisierte Ethikchef Alan Sullivan (Australien) auf meine Anfrage hin, Beckenbauer dürfe keine WM-Spiele und drei Monate lang überhaupt keine Fußballspiele besuchen. Verboten seien jegliche Aktivitäten im Fußball.

Ich hatte die Aussagen von Sullivan am Samstagmorgen zuerst auf Twitter veröffentlicht:

Franz Beckenbauer cannot participate in any football-related activity, which includes, amongst other things, being invited to attend or attending on a  private basis any football match in any capacity.”

Weltweit wurde der Name Beckenbauer in Medien im Zusammenhang mit Katar-Korruption als Verweigerer von Aufklärung genannt – ein PR-Desaster ersten Ranges.

Bei Sky und Beckenbauer-Manager Marcus Höfl schrillten die Alarmglocken. Sky kann es sich mit der FIFA nicht verderben, wenn man künftig wieder WM-TV-Rechte erwerben will. Höfl plant weiter diverse Aktivitäten im Fußball, so eine zweite Auflage des Camp Beckenbauer, ein Treffen der High Society des Fußballs, zu dem 2013 auch FIFA-Präsident Joseph Blatter kam. (Beim Camp Beckenbauer wird neben Axel Springer, natürlich, übrigens auch die Nachrichtenagentur dpa zu den Partnern gezählt, was manche fragwürdige Berichterstattung vom Camp aus dem vergangenen Jahr erklären könnte.) Nach juristischer Beratung soll Beckenbauer der FIFA noch am Sonnabend geschrieben haben, er werde Garcias Fragebogen bis zum 27. Juni beantworten. Dies teilte Höfl am Sonntag in einem einseitigen Statement mit, das viele Fragen unbeantwortet ließ.

Erklärung Beckenbauers zur FIFA-Sperre, 15.06.2014

„Wir gehen davon aus, dass die provisorisch verhängte Sanktion gegen ihn umgehend aufgehoben wird“, schrieb Höfl. Plötzlich hieß es auch, Beckenbauer habe gegenüber einem anderen seiner Geschäftspartner, der Bild-Zeitung, nie behauptet, er wolle nicht zur WM nach Brasilien fliegen. Reichlich nebulös.

Marcus Höfl
@marcushoefl
June 14, 2014

Klarstellung: @beckenbauer hat nicht! gesagt, dass er nicht! zur WM reisen wird, sondern, dass er die Entwicklung der nächsten Tage abwartet

Franz Beckenbauer ist doch nicht mehr im FIFA-Exekutivkomitee, warum soll er dennoch befragt werden?

Beckenbauer war von 2007 bis 2011 FIFA-Exekutivmitglied. Er gehörte zu jenen 22 Funktionären, die am 2. Dezember 2010 die WM an Russland und Katar vergaben und damit eine der umstrittensten Entscheidungen der Sportgeschichte trafen. Etliche korruptive Vorgänge sind bereits belegt und werden derzeit vor allem von der Londoner Sunday Times enthüllt. Beckenbauers enger Berater und Freund Fedor Radmann hat damals für eine hohe Millionensumme als Lobbyist für Australien gearbeitet. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hatte einen Deal mit Australien: Weil Australien zuvor seine Bewerbung für die Frauen-WM 2011 zurückgezogen hatte, versprach der DFB Unterstützung für die WM-Bewerbung 2022. Beckenbauer und Radmann trafen sich 2009 auf Vermittlung des korrupten FIFA-Funktionärs Mohamed Bin Hammam, der inzwischen lebenslang gesperrt ist, in Doha mit dem Emir von Katar. In diesem Gespräch versuchte Radmann, so lautete sein Auftrag aus Australien, den Emir zum Rückzug der Bewerbung und einen neuen Anlauf für 2026 oder 2030 zu überreden. Noch im Juni 2011 begleitete Beckenbauer Manager der Hamburger E.R. Capital Holding auf Vermittlung von Bin Hammam nach Doha. Beckenbauer war als Berater und Botschafter für die Firmengruppe tätig, die in Katar auf der Suche nach Investoren war. Ein Jahr später, Ende Mai 2012, wurde Beckenbauer Botschafter des von Gazprom geführten Verbandes russischer Gasproduzenten.

Was verbirgt sich hinter dieser Suspendierung?

Zunächst einmal nichts als eine Sperre im Rahmen des FIFA-Reglements. In Deutschland werden dennoch Verschwörungstheorien gestrickt, wonach Blatter damit angeblich seinen Kritikern in der Europäischen Fußball-Union (UEFA) schaden wolle. Für diese These gibt es keine Beweise. Vor allem aber sind Blatter und Beckenbauer sowie Radmann seit Jahrzehnten eng miteinander verbandelt. Sie gehören zum Inner Circle der umstrittenen FIFA-Familie.

* * *

Und nun wieder ab an die Werkbank. (Eingeweihte wissen Bescheid.)


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